Pressebericht
Rheinzeitung Kreis Cochem-Zell vom Samstag, 20. Oktober 2018:
Die Wege in Richtung Bischofsstuhl sind steil und nicht im bestem Zustand, der VW-Transporter samt Freiwilligen wackelt hin und her. Eine Frau und ihre Tochter, die heute zum ersten Mal Trauben lesen werden, schauen etwas ungläubig den Hang hinunter. Alles nicht so wild, typisch Mosel. Peter Göbel verteilt zufrieden Scheren, zehn Freiwillige sind an diesem Morgen nach Cochem gekommen, um bei der Klosterlese zu helfen.
Winzer Peter Göbel aus Ernst hat kurzfristig die Lese in den Weinbergen des Klosterweinguts Ebernach bei Cochem übernommen. Der Moselaner freut sich, dass viele Freiwillige bei der Handlese des Rieslings in der Steillage helfen. Foto: Kevin Rühle
Es gibt keine lange Ansprache, die meisten wissen, was zu tun ist. Noch gut zwei Hektar Steillage hängen voller Trauben, nachdem das Klosterweingut überraschend ohne Pächter dasteht (die RZ berichtete) . In die Bresche springt das Weingut Göbel-Schleyer-Erben aus Ernst, die flacheren Lagen haben Peter Göbel und seine Mitarbeiter bereits in den vergangenen Tagen gelesen. Doch im Steilhang ist wieder Handarbeit gefordert, helfende Hände kann der Winzer gut gebrauchen.
Peter Göbel kennt die Weinberge des Klosters gut, er selbst bewirtschaftete lange einen angrenzenden Wingert. Vom Bischofsstuhl, so heißt der Weinberg, verspricht sich Göbel viel. Es ist kein klassischer Südhang, „das ist in diesem Jahr ideal, die Trauben haben keinen Sonnenbrand abbekommen und sind schön gesund“. Den Klosterwein will Göbel feinherb ausbauen, innerhalb der vergangenen zwei Wochen ist der Oechslegrad von etwa 85 auf 95 gestiegen. Der Spätburgunder im Wingert unterhalb des Bischofsstuhls hatte sogar ein Mostgewicht von 106 Grad Oechsle. 35.000 bis 40.000 Liter Wein werden aus den Trauben entstehen, die ohne die kurzfristige Aktion im Wingert zurückgeblieben wären. Da mussten auch einige ältere Tanks reaktiviert werden, „es wird derzeit etwas eng“, sagt Peter Göbel und lacht.
Hans Orth aus Koblenz hat sichtlich Spaß im steilen Bischofsstuhl. Der 67-Jährige hat bereits als Kind bei der Weinlese in der Familie mitgeholfen. „Ich habe den Artikel gelesen, der hat mich beeindruckt. Da hab ich gedacht, da gehst du einfach mit“, sagt Orth und rückt seinen mit Trauben gefüllten Eimer ein paar Meter weiter.
Flott unterwegs ist David Fellmann aus Treis-Karden. Der 61-Jährige kennt die Hänge des Weinguts. Den Großteil seines Lebens, seit 42 Jahren arbeitet er im Weingut des Kloster, bis zuletzt. „Und jetzt haben wir keinen Pächter mehr, der Australier ist weg“, sagt Fellmann und kümmert sich schnell wieder um seine Arbeit. Ebenfalls mit dabei ist der Winzer Günter Andre aus Ernst. „Ich wollte einfach mithelfen. Man kann nicht mit ansehen, wenn man selbst Winzer war, dass die Trauben im Weinberg verkommen“, sagt Andre. Es sei einfach eine traurige Geschichte. Noch nie habe er erlebt, dass ein Winzer seine Weinberge zurücklässt. Persönlich betroffen ist Andre, da seine ehemaligen Flächen im Valwiger Herrenberg, die der nun offenbar in Österreich lebende australische Winzer bewirtschaften sollte, nun nicht gelesen werden. Zwar gab es Winzer, die sich bereit erklärten, die Arbeit zu übernehmen, doch eine Einigung erfolgte nicht.
Die Frage, ob Peter Göbel nicht auch in Zukunft die Weinberge des Klosters bewirtschaften will, würde der Ernster gerne überhören. „Das fragen mich meine Mitarbeiter momentan auch immer wieder“, sagt er und blickt sich um. Aber: „Eigentlich nicht. Das wäre im Moment nicht machbar.
Die Suche nach einem neuen Pächter für die Weinberge des Klosters Ebernach gehen also weiter. Das drängendste Problem, die Trauben schnell zu lesen, haben die zehn Helfer und ebenso viele Mitarbeiter von Göbel nun beseitigt. Auch andere Aufgaben im Klosterweingut scheinen liegen geblieben zu sein. Bleibt zu hoffen, dass die steilen Hänge oberhalb des Klosters im kommenden Jahr noch bewirtschaftet werden.
Text: Kevin Rühle, Rheinzeitung 20.10.2018